Ein Jahr nach George Floyd: Rassistische Polizeigewalt ist tödlich - auch in Deutschland. Wir fordern Konsequenzen

Der rassistische Mord an George Floyd durch einen weißen Polizisten hat in Deutschland eine Welle der Betroffenheit und eine Debatte um rassistische Polizeigewalt ausgelöst. Ein Jahr danach ist die Welle abgeebbt. Zu Unrecht: rassistische Polizeigewalt mit Todesfolge hat auch in Deutschland Kontinuität und ist keine Ausnahme.

"Dass rassistische Polizeigewalt kein US-spezifisches Problem ist, wurde durch die weltweiten Proteste deutlich und zeigt, dass auch hier in Deutschland eine grundlegende Debatte zur Polizeiarbeit geboten ist. Fälle wie der Mord an Oury Jalloh, dessen Aufklärung seit 2005 von der Zivilgesellschaft gefordert wird, sind ein deutliches Zeichen für institutionellen Rassismus in den Sicherheitsbehörden und der Polizei", so Tahir Della, Sprecher der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD) und Vorstandsmitglied der ndo.

Rassistische Polzeigewalt in Deutschland hat viele Gesichter: Von Schikane und rassistischen Beschuldigungen von Familienangehörigen wie im Fall des NSU, über rechtsextreme Inhalte in Chatgruppen, Freigabe von Daten über Polizeicomputer an Rechtsextreme bis hin zu direkter Gewalt ausgehend von Polizist*innen gegen Schwarze Menschen und People of Color. Besonders in Gewahrsam sterben immer wieder Menschen, die der Staatsmacht ausgeliefert sind. Das Bündnis Death in Custody  forscht seit Herbst 2019 zu Todesfällen von Schwarzen Menschen, People of Color und anderen von Rassismus betroffenen Menschen in Gewahrsam in Deutschland. In seiner im März dieses Jahres veröffentlichten Recherche berichtet das Bündnis von 183 Todesfällen im Gewahrsam seit 1990.  In kaum einem Fall wurden die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen, bilanziert das Bündnis.

Auch abseits von der Polizeigewalt mit Todesfolge berichten People of Color und Personen mit Migrationshintergrund weitaus häufiger von Diskriminierung durch die Polizei als weiße Menschen. Das ist das Ergebnis einer Befragung von über 3.000 Betroffenen mutmaßlich rechtswidriger Polizeigewalt durch ein Forschungsteam der Ruhr-Universität Bochum.  

Und trotzdem will die Bundesregierung kein strukturelles Problem erkennen. Eine Studie zu Rassismus bei der Polizei, wie von zahlreichen Initiativen gefordert, wird es nicht geben. Dabei könnte genau eine solche Studie das zunehmend bröckelnde Vertrauen von Schwarzen Menschen und People of Color in die Polizei stärken.

Die Debatte um Rassismus bei der deutschen Polizei muss weitergeführt werden. Ziel muss der systematische Abbau von Rassismus bei den Sicherheitsbehörden sein. Zudem müssen unabhängige Strukturen geschaffen werden, die die Täter*innen verfolgen und Betroffenen die Möglichkeit geben, sich zur Wehr zu setzen. 

Pressekontakt: medien  neue-deutsche-organisationen.de

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