Wir brauchen besseren Schutz gegen rassistische Übergriffe – und eine verlässliche Polizei und Behörden

Übergriffe und Bedrohungen auf People of Color und Schwarze Menschen nehmen offenbar zu – im Netz und auf der Straße. Gerade jetzt sind Polizei und Rechtsstaat gefragt – doch da ist die Bereitschaft hilfreich einzugreifen manchmal erschreckend niedrig.

Wer in Deutschland rassistisch beschimpft oder angegriffen wird, müsste sich eigentlich auf den Rechtsstaat verlassen können. Doch der versagt hier manchmal:

  • Es gibt zu wenig Beratungsstellen für die Opfer.
  • Die Behörden und Polizei sind oft überlastet und können die Fälle nicht angemessen bearbeiten.
  • Und manchmal wollen sie das offenbar auch nicht oder sind selbst Teil des Problems.

Jüngstes Beispiel: Die Berliner Kabarettistin Idil Baydar (alias Jilet Ayşe) und ihre Familie werden massiv bedroht, wie einige Medien berichteten. Besonders alarmiert hat uns eine Aussage von Baydar auf Facebook: „Was mich wirklich erschreckt, ist das dumpfe Scheiß-Gefühl, das mir die Instanzen wie Polizei und das Rechtssystem entweder aus eigener rechtsradikaler Gesinnung heraus oder auf Grund nicht ausreichender Gesetze zum Schutz nicht helfen wollen oder können. Dieses Gefühl ist eigentlich das Schlimmste.“

Auch die Frankfurter Anwältin Seda Başay-Yıldız, die im NSU-Prozess Opfer-Angehörige vertreten hatte, wird bedroht – und die Spur führt zu den Behörden selbst. In Hessen soll ein Polizist einer Neonazi-Kameradschaft, gegen die ermittelt wird, dienstliche Informationen verraten haben.

„Unsere Gesellschaft sieht Menschen, die für Migranten gehalten werden, offenbar vorrangig als Täter. Dabei hat der Victimisierungsurvey des Bundesinnenministeriums diese Woche gezeigt, dass vor allem People of Color und Schwarze Menschen Sorge vor Übergriffen haben“, sagt Ferda Ataman, Sprecherin der „neuen deutschen organisationen“.

„Wir brauchen unabhängige Anlauf- und Beschwerdestellen im Bereich Polizei. Wo der Justizapparat verfehlt, können diese unmittelbar helfen und das Versagen der Behörden untersuchen“, so Meral El, die neue Geschäftsführerin der ndo.

Die problematische Haltung gegenüber Minderheiten wirkt sich auch auf die Sicherheitsappparate aus. Biplab Basu, Mitbegründer der Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt (KOP) und von der Beratungsstelle ReachOut, sagt: „Die Polizei ist viel mehr daran interessiert, Migrant*innen, Schwarze Menschen und sichtbare Minderheiten durch entwürdigende Kontrollen im öffentlichen Raum zu kriminalisieren, als rechte und rassistische Straftaten und Strukturen zu verfolgen. Die Gesetzgeber liefern die Vorlagen durch Begriffe wie ‚kriminalitätsbelastete Orte’ und ‚Gefährder’.“

Was wir brauchen:

  1. Einen strukturellen Ausbau und langfristige Förderung von Beratungsstellen für Opfer von rassistischen Übergriffen und Gewalt.
  2. Eine bessere personelle Ausstattung in den Sicherheitsbehörden und Gerichten, um Anzeigen nachgehen und Konsequenzen folgen lassen zu können. Der Rechtsstaat muss arbeitsfähig sein.
  3. Konsequente Maßnahmen gegen Mitarbeiter*innen in Sicherheitsapparaten mit rechtsextremistischer und verfassungsfeindlicher Gesinnung. Und eine politische Debatte über „racial profiling“ und die fatalen Konsequenzen davon für Menschen of Color in Deutschland. Der Staat muss vertrauenswürdig sein.

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